Ich hatte im Social Media eine kleine Diskussion gehabt, da ging es um Rollstuhlfahrer, Neid, Glück und Unglück. So entschied ich mich diese Zeilen u schreiben.
Egal wie man es betrachtet, jede Krankheit ist belastend. Meine Großmutter pflegte zu sagen: “Die beste Krankheit taugt nichts.” Trotzdem stecke ich den Kopf nicht in den Sand und finde Wege, mich aus Tiefpunkten herauszuziehen. Leider schaffen das nicht alle, obwohl es auch mit einer Krankheit noch viel zu erleben gibt. Natürlich hängt das immer von den individuellen Einschränkungen ab. Ich kann nur aus meiner eigenen Erfahrung sprechen. Mit meinen Einschränkungen liege ich eher im Mittelfeld und kann, auch wenn es mit Unterstützung ist, relativ gut leben.
Auch wenn ich oft merke, dass ich schneller an meine Grenzen stoße, als mir lieb ist, nehme ich diese Herausforderung an.
Wie kann ich das Leben mit der zweifellos einzigartigen Herausforderung der MS dennoch so positiv mein Tag beginnen und beenden, mit Zuversicht einschlafen und mich auf den nächsten Tag freuen?
Ich habe einige Punkte gefunden welche mir ein Fels in der Brandung sind und versuche diese Punkte auszuleben, mit den Punkten leben und zu lieben.
- Pflegen Sozialer Kontakte: Für mich hat die Familie oberste Priorität. Dazu zählen meine Frau, unsere Haustiere, mein Bruder samt seiner Familie, meine Schwiegereltern, mein Schwager mit Familie und natürlich unsere Freunde. Letztere Gruppe ist nach einer Diagnose kleiner geworden, was viele Menschen mit Krankheit oder Behinderung nachvollziehen können. Doch die Freunde, die geblieben sind, sind wahre Freunde.
- Ich bemühe mich um Bewegung, angepasst an mein Wohlbefinden. Neben Physiotherapie und Gerätetraining, die ich seit Jahren praktiziere, engagiere ich mich auch im Garten. Die Unordnung dort rechtfertige ich oft mit dem Hinweis auf einen „bienenfreundlichen Garten“, um zu kaschieren, dass die Entropie schneller zunimmt als ich mitkomme. An guten Tagen schaffe ich es, 10m³ Gartenfläche zu mähen, was bedeutet, dass ich mehrere Tage benötige, um alles zu erledigen. Doch das sofort sichtbare Ergebnis und das Bewusstsein, es selbst geschafft zu haben, ist wunderbar. Zu Beginn setzte ich mich damit unter Druck. Mittlerweile sage ich mir jedoch, wenn es heute nicht funktioniert, dann vielleicht morgen. Ich bin im Einklang mit mir selbst, und ein Umdenken hilft tatsächlich dabei, den Druck zu mindern, der bei einer Nervenkrankheit nicht zuträglich für das Wohlbefinden ist.
- Ich nutze verschiedene Hilfsmittel, einschließlich im Garten. Wenn es mir besonders gut geht, versuche ich, mich mit einem Gehstock zu bewegen (was seit etwa Februar 2023 sehr selten vorkommt). In letzter Zeit benutze ich häufiger meinen Rollstuhl und nur gelegentlich den Rollator, aber seit Februar 2023 hauptsächlich den Rollstuhl. Zudem verwende ich im Garten elektrische Geräte, die mir die Arbeit erleichtern.
- Natürlich habe ich immer noch Hobbys und Interessen, auch wenn sich diese geändert haben. Früher fuhr ich oft Rad, tanzte gerne Discofox, ruderte, wanderte in den Bergen, verbrachte viel Zeit mit meinem Hund draußen, fuhr Motorrad und betrieb Schießsport. Diese Aktivitäten sind jetzt nicht mehr oder nur eingeschränkt möglich. In diesem Jahr habe ich den Schießsport wieder aufgenommen, den ich mit 12 Jahren begann und nun seit 30 Jahren im Verein bin. Es freut mich, dass ich dieses Hobby gut ausüben kann. Zudem habe ich begonnen, mit Holz zu arbeiten, da ich seit Mitte 2023 vergeblich auf einen Ergotherapieplatz warte. So versuche ich, meine handwerklichen Fähigkeiten zu erhalten oder zu verbessern. Nebenbei stelle ich Dekohäuser in unseren und den Gärten der Familie auf.
- Humor ist meine Allzweckwaffe gegen unangenehme Situationen und lästige Themen und stellt für mich einen wichtigen Aspekt dar.
- Entspannung und Achtsamkeit sind unverzichtbar. Selbst wenn ich aktiv bleibe, soziale Kontakte pflege und den Garten aufräume, ist eine Pause essentiell. Nach 45 Minuten Gartenarbeit, selbst wenn ich nur sitze und Holz häcksel, fühle ich mich oft erschöpft. Dann gebe ich dem Bedürfnis nach Ruhe nach und lege mich hin. Regelmäßige Entspannungspausen sind Teil meiner Routine, sei es Musik hören, eine Dokumentation anschauen, schlafen oder Achtsamkeitsübungen hören. Das hilft mir, mein Gleichgewicht zu bewahren.
- Eine ausgewogene Ernährung ist ein wesentliches Fundament bei Multipler Sklerose. Zum Beispiel habe ich einen Großteil der Weizenprodukte aus meiner Ernährung gestrichen. Aber ich esse und trinke, worauf ich Lust habe, aber stets in Maßen.
All dies hilft mir, nicht den Verstand zu verlieren. Und dann ist da noch dieser Blog. Einerseits möchte ich Auszubildenden im Bereich der Programmierung Unterstützung bieten, da ich diesen Beruf zurzeit nicht ausüben kann, was schmerzlich ist. Andererseits möchte ich auch über Multiple Sklerose sprechen und wie ich damit umgehe. Es ist bekannt als die Krankheit mit den 1.000 Gesichtern, was bedeutet, dass nicht jede MS gleich ist; manche Fälle sind schlimmer, andere weniger schwer, und es gibt einige Betroffene, die kaum Symptome spüren.
Ich bin zufrieden und im Einklang mit meinem Leben; es verlief anders als geplant, meine Frau und ich mussten und müssen unsere Pläne überdenken, aber das Leben ist dennoch lebenswert.